Stellungnahme des DSB:
Gegen alle Bedenken auf Wahrung der bürgerlichen Freiheits- und Persönlichkeitsrechte versucht die Bundesregierung durch die Vorlage eines Entwurfs „eines Gesetzes zur Verbesserung waffenrechtlicher Personenüberprüfungen“ (siehe Anhang) eine drastische Verschärfung des Waffenrechts noch in der alten Legislaturperiode durchzusetzen.
Bereits Ende März hatte der Deutsche Schützenbund in aller Deutlichkeit gegen den Referentenentwurf (Stand 18.03.2021) Stellung genommen. Zwar begrüßt der DSB nach wie vor selbstverständlich jede Bestrebung, Extremisten, Kriminellen oder psychisch Kranken den Zugang zu Waffen zu erschweren oder unmöglich zu machen. Aber schon die im Referentenentwurf aufgeführten Maßnahmen waren größtenteils ungeeignet, datenschutzrechtlich höchst bedenklich und diskriminierend gegenüber einem gesetzestreuen Teil der Zivilgesellschaft, den Sportschützinnen und Sportschützen sowie weiteren Legalwaffenbesitzern.
Ein zentraler Einwand bestand gegen die Absicht, eine verpflichtende Regelabfrage der Waffenbehörde an die Gesundheitsämter zur Beurteilung der persönlichen Eignung eines Antragstellers im Gesetz zu verankern.
Auf die berechtigten Bedenken des Deutschen Schützenbundes und weiterer Interessenverbände ist das federführende Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) in keiner Weise eingegangen. Im Gegenteil. Der von der Bundesregierung beschlossene und am 10. Mai 2021 in den Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf geht noch über den Referentenentwurf hinaus. War im Referentenentwurf noch eine Befreiung der Gesundheitsämter von der ärztlichen Schweigepflicht durch die betroffene Person die zwingende Voraussetzung für die Übermittlung von Erkenntnissen an die Waffenbehörde, so ist diese Einschränkung im Gesetzentwurf völlig gestrichen.
Die Schweigepflicht des Arztes gilt nicht nur als eine der höchsten ärztlichen Standes- und Rechtspflichten und ist standes- und strafrechtlich normiert. Das Arztgeheimnis trägt darüber hinaus der in Art. 1 und Art. 2 des Grundgesetzes verfassungsmäßig gewährleisteten Würde des Menschen und seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und informationelle Selbstbestimmung Rechnung.
Gesundheitsämter speichern nicht nur Daten ganz offensichtlich geistesgestörter und etwa von Amts wegen zum Schutz vor sich selbst und der Mitbürgerinnen und Mitbürger zwangseingewiesener Psychopaten. Nach dem neuen Gesetz geraten alle Bürgerinnen und Bürger, die jemals mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamts zu tun hatten – sei es als selbst Betroffene, sei es als hilfesuchende Beteiligte, Nachbarn, Verwandte, Freunde oder als Menschen, die sich Sorgen um Mitmenschen mit möglicherweise psychischen Problemen machten – und deren Daten routinemäßig bei der Gesundheitsbehörde gespeichert sind, in die Gefahr, der die Zuverlässigkeit prüfenden Waffenbehörde gemeldet zu werden. Denn nicht nur bestehen erhebliche Zweifel an der waffenrechtlichen Expertise der Gesundheitsämter. Diese werden allein aus Gründen des Selbstschutzes und der Arbeitsökonomie nicht selbst über die waffenrechtliche Eignung von angefragten Personen urteilen, sondern aufgrund der nun vorgeschriebenen Mitteilungspflicht pauschal die gespeicherten Daten an die Waffenbehörde weitergeben.
Mit den vorgesehenen Meldeverpflichtungen verschiedener Behörden – die im Übrigen die betroffenen Personen selbst vollkommen außen vor lassen – besteht die Gefahr eines allgemeinen Denunziantentums, zumal der zum Gesetzentwurf gehörende Evaluierungsabsatz eine steigende Zahl von Antragsablehnungen mangels Zuverlässigkeit und/oder Eignung oder Widerrufe bereits erteilter Erlaubnisse als Ziel expressis verbis vorgibt. Gerade durch die Erweiterung des § 6b um (schwer zu definierende) „Wahnvorstellungen“ als Grund, warum andere Behörden bei der Waffenbehörde anfragen, ob die Person Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist, öffnet Spielraum für Interpretationen seitens der waffenrechtlich nicht geschulten Behördenmitarbeiter.
Der Gesetzentwurf, so heißt es im Schreiben von Bundeskanzlerin Angela Merkel an den Bundestagspräsidenten, sei dem Bundesrat bereits „als besonders eilbedürftig“ zugeleitet worden. Noch vor gut zwei Monaten, am 04.03.2021, wurde auf konkrete Nachfrage der beteiligten Verbände im Rahmen des „Sicherheitsgesprächs“ seitens der Vertreter des BMI das Vorhaben einer Anpassung des Waffengesetzes ausdrücklich verneint. Die bisher nicht für mögliche gehaltene Respektlosigkeit, mit der im Gesetzentwurf der Bundesregierung die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger missachtet werden, und die Geschwindigkeit, mit der dieses Gesetz mit seiner Vielzahl an unpraktikablen, überbürokratischen und insgesamt nicht zielführenden Bestimmungen jetzt verabschiedet werden soll, lässt nur den Schluss zu, dass damit nicht die Wahrung der Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger sondern ganz andere Motive im Vordergrund stehen.
Im Hinblick auf die Bundestagswahl im Herbst scheinen hier politische Erwägungen der Regierungsparteien, die sich derzeit im Umfragetief befinden, im Vordergrund zu stehen. Angesichts des zu erwartenden Einstiegs der Partei Bündnis90/Die Grünen in eine Regierungskoalition scheinen sich die amtierenden Regierungsparteien hier den Grünen und deren Forderung nach einem Ende des Legalwaffenbesitzes anbiedern zu wollen.
Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll ein neues Waffengesetz, das nicht einen einzigen Kriminellen oder Extremisten von seinem schändlichen Tun abhalten wird, dafür aber Hunderttausende rechtschaffener Demokraten diskriminiert und ihn fundamentale Grundrechte unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens entzieht, im „Hauruck-Verfahren“ durch die gesetzgebenden Gremien gepeitscht werden.
Anhang:
Gesetzentwurf zur Verbesserung waffenrechtlicher Personenüberprüfungen